Chess Opening: The London System

Schacheröffnung: Das Londoner System

Das Londoner System ist eine sehr beliebte Eröffnung, die bei Vereinsspielern aller Spielstärken zum Einsatz kommt. Im Vergleich zu vielen anderen Eröffnungen konzentriert sich die frühe Entwicklung der Schachfiguren nicht zuerst auf den Springer, sondern versucht, den Läufer schon im zweiten Schachzug auf f4 zu positionieren. Das Londoner System gehört zu den eher leicht zu erlernenden Eröffnungen und ist daher auch für Anfänger geeignet. Aufgrund seines robusten Aufbaus bietet das Londoner System Schutz gegen viele Eröffnungen von Schwarz und endet oft in einem Remis – weshalb es zuweilen auch als eintönig oder langweilig bezeichnet wird.

Die Eröffnung selbst ist in der Geschichte des Schachs schon lange bekannt. Literarisch taucht sie zum ersten Mal in den Jahren 1500 bis 1505 in den „Göttinger Handschriften“ auf, einer frühe Abhandlung über das Schachspiel, das seinen Ursprung jedoch ungeachtet seiner Bezeichnung im französischen Nancy hat. Der Mediziner Friedrich Boerner übergab im Jahre 1752 das Buch an die Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, was den Namen als „Göttinger Handschrift“ festigte. Als Urheber des Werkes zählt mit hoher Wahrscheinlichkeit der Spanier Luis Ramírez Lucena, dessen Schriften sich sehr mit den Inhalten aus dem Buch ähneln.

Eröffnung des Londoner Systems

Die Hauptvariante der Eröffnung verläuft über die folgenden Schachzüge:
1.d4 d5 2. ♗f4…

Weiß positioniert seinen Läufer aktiv auf f4. Das Schachfeld e5 ist durch den Bauern auf d4 geschützt, und ein Angriff über g5 würde die Königsseite von Schwarz stark schwächen. Um gegen das Londoner System zu bestehen, muss Schwarz sich einen genauen Angriffsplan ausdenken, wohingegen Weiß eine stabile Stellung einnimmt und seine Schachfiguren entwickeln kann.

 

Stärken des Londoner Systems

Die Schacheröffnung des Londoner System weist viele Stärken auf, die es Schwarz schwer machen, die Oberhand zu gewinnen:

  • Sehr solide Eröffnung:
    Das Londoner System bietet Weiß eine hohe Sicherheit und Schwarz nur wenig Angriffsmöglichkeiten. Spieler, die ein ruhiges und eher passives Spiel bevorzugen, finden sich mit dieser Eröffnung schnell zurecht.

  • Nur wenig Theorie notwendig:
    Die Eröffnung ist schnell gelernt und erfordert nur geringe theoretische Vorkenntnisse, da der frühe Spielverlauf stets gleich abläuft und erst zum Mittelspiel in taktische Manöver übergeht. Ein Auswendiglernen unzähliger Schachzüge ist daher nicht notwendig und bietet somit auch Schachanfängern einen leichten Einstieg.

  • Einfache Entwicklung der Schachfiguren:
    Das Londoner System hat nur wenige Schwachstellen und Schwarz sollte es schwerfallen, in der frühen Phase des Spiels Bedrohungen aufzustellen. Daher hat Weiß von Anfang an viele Freiheiten, um seine Schachfiguren zu entwickeln und sich in Stellung zu bringen.

  • Wird oft vom Gegner unterschätzt:
    Die Eröffnung ist dafür bekannt, den Vorteil von Weiß aufrecht zu erhalten, indem die meisten Spielzüge von Schwarz gekontert werden. Ist der Gegner auf das Londoner System nicht vorbereitet, so steigt die Siegeswahrscheinlichkeit für Weiß stark an.

 

Schwächen des Londoner Systems

Auch wenn die Stärken klar für die Schacheröffnung sprechen, so hat sie auch ihre Schwächen, die Schwarz versuche wird, auszunutzen:

  • Nur geringe Aggressivität:
    Das Londoner System ist eine sehr stabile aber dafür auch passive Eröffnung, die auf die Entwicklung der Schachfiguren abzielt. Ohne einen Angriffsplan entwickelt sich ein ruhiges Spiel, das im späteren Verlauf nicht unbedingt zu Gunsten von Weiß ausfallen muss.

  • Wenig flexibel in der Anfangsphase:
    Die Schachzüge in der Anfangsphase bieten nur wenig Raum für Variationen, da Weiß bestimmte Schachfelder im Zentrum angreifen muss, um einen Gegenangriff zu unterdrücken. Die Eröffnung konzentriert sich im Grunde darauf, ohne Umschweife ins Mittelspiel überzugehen.

  • Tendenz zu einem Remis:
    Aufgrund seiner typischen Schachzüge in der Anfangsphase und der sehr soliden Stellung für Weiß ist das Londoner System dafür berüchtigt, über den gesamten Spielverlauf einen ausgewogenen Schlagabtausch zu erhalten. Die Folge ist in vielen Fällen ein Remis und der Ruf einer daher eher langweiligen Schacheröffnung.

  • Vorbereitung des Gegners:
    Ist der Gegenspieler auf die Eröffnung vorbereitet, so kann es ihm vergleichsweise leicht gelingen, sich einen Vorteil gegen Weiß zu erspielen. Der Grund dafür ist, dass Weiß viele standardisierte Schachzüge in der Eröffnungsphase tätigt, die nicht unbedingt strategisch weitsichtig sind. Schwarz würde mit der richtigen Vorbereitung diese strategische Vorarbeit bereits in der Eröffnungsphase durchführen und im späteren Spielverlauf davon profitieren.

 

Mögliche Verläufe des Londoner Systems

Standardisierte Eröffnungsverläufe im Londoner System sind selten, weshalb eine Vorbereitung schwierig ist und viele Spieler auch äußerst ungern gegen diese Eröffnung spielen. Nachfolgend aber ein paar Inspirationen, wie Schachspiele verlaufen könnten:

Regulärer Verlauf des Londoner Systems

Regulärer Verlauf des Londoner Systems

Schachzüge:
1.d4 ♘f6 2.♗f4 d5 3.e3 c5 4.c3 ♘c6 5.♗d3 e6 6.♘f3…

Der gängige Verlauf des Londoner Systems zeichnet sich aus durch einen Vorstoß des d-Bauern und eine Positionierung des Läufers außerhalb der Bauernkette, um diesen mehr Freiraum zu gewähren. Alle darauffolgenden Schachzüge schützen andere Schachfiguren und tragen zur Entwicklung eines soliden Positionsspiels bei. Schwarz hat wenig Angriffsmöglichkeiten, kann aber alle Schachzüge von Weiß erahnen und Vorbereitungen für einen Konter treffen, sollte Weiß vom Londoner System nicht abweichen. In der obigen Ausgangsstellung kann Schwarz nun seinen Läufer auf d6 ziehen. Weiß kann darauf unterschiedlich reagieren. Den schwarzen Läufer schlagen, den eigenen Läufer auf g3 zurückziehen, seinen Springer auf d2 entwickeln oder kurz rochieren. Je nachdem welche Entscheidungen getroffen werden, beginnt hier das Mittelspiel und der Übergang in individuelle Taktiken der Spieler.

 

Das Londoner System gegen die Königsindische Verteidigung

London System gegen die Königsindische Verteidigung

Schachzüge:
1.d4 ♘f6 2.♗f4 g6 3.♘c3 ♗g7 4.e4 d6 5.h4…

Spielt schwarz die Königsindische Verteidigung, so empfiehlt sich für Weiß, das Londoner System früh zu variieren, um dem schwarzen Springer etwas entgegen zu setzen. Insbesondere das Schachfeld e4 muss verteidigt und im besten Fall zusätzlich ein Vorstoß auf e5 unternommen werden, um das Fianchetto zu blockieren. Im Beispiel auf dem Schaubild hat Weiß die Optionen entweder auf der e-Linie anzugreifen oder gar mit dem h-Bauern die Königsseite zu schwächen und eine Rochade für Schwarz unattraktiv zu machen. Sollte der h-Bauer mit dem Springer geschlagen werden, lohnt sich sogar das Opfern des Turmes und die Einbindung der Dame, um auf der Königsseite die Oberhand zu gewinnen.

 

Rapport–Jobava System

Rapport–Jobava System

Schachzüge:
1.d4 d5 2.f4 f6 3.c3 c5 4.e3 e6 5.♘b5 ♘a6 6.a4…

Die Rapport-Jobava-Variante zeichnet sich durch eine frühe Verlagerung auf die Damenseite aus. Nach den typischen Schachzügen ins Zentrum und der aktiven Positionierung des Läufers auf f4, attackiert Weiß mit seinem Springer über b5. Dabei wird dieser vom Läufer auf f1 verteidigt und kann sogar noch zusätzliche Unterstützung vom a-Bauern erhalten. Durch die geschickte Positionierung kann Weiß eine Bedrohung aufbauen, die Schwarz im späteren Verlauf über die Schachfelder c7 und d6 gefährlich werden kann. Beide Schachfelder sind durch den Springer auf b5 angegriffen und durch den Läufer auf f4 verteidigt. Zudem kann Weiß seinen Vorteil nutzen, um zunächst seine Schachfiguren weiter zu entwickeln.

 

Fazit

Ungeachtet des Rufs einer langweiligen Schacheröffnung ist das Londoner System dennoch sehr berühmt und bietet Spielern aller Spielklassen sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Insbesondere die geringen Anforderungen an die Theoriekenntnisse machen die Eröffnung auch für Anfänger interessant und sind mit der Eröffnungsregel der harmonischen Entwicklung der Schachfiguren gut zu vereinbaren. Dass das Londoner System vermehrt zu Remis führt, sollte nur für fortgeschrittene Spieler und auch nur unter bestimmten Bedingungen ein Argument gegen diese Schacheröffnung sein.

Ich hoffe, dass du hier eine gute Einführung in das London-System erhalten hast und ich dir gute Übersicht vermitteln konnte. Solltest du noch weitere Fragen haben, so schreibe mir gerne über mein Kontaktformular. Und wenn du Interesse an Schachfiguren oder Schachbrettern in Turnierformat hast, so schau auch gerne einmal in meinem Sortiment vorbei.

Ich wünsche dir viel Spaß am Spiel, viel Erfolg und zügige Fortschritte beim Lernen.

 

Bis bald.

Stefan

Zurück zum Blog